Stellungnahme des Phv NRW zum Antrag der Fraktion der FDP “Handlungskonzept zur Unterrichtsversorgung scheitert – Ministerin setzt Scheuklappen auf “

Kategorien: StellungnahmeVeröffentlicht: 25.09.2024
Handlungskonzept zur Unterrichtsversorgung scheitert – Ministerin setzt Scheuklappen auf
Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/8888
Anhörung des Ausschusses für Schule und Bildung
am 01. Oktober 2024
Stellungnahme des Philologenverbandes
Nordrhein-Westfalen

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident Kuper,

vielen Dank für die Einladung zur Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Schule und Bildung zum Antrag der FDP-Fraktion mit der Drucksache 18/8888 und der Möglichkeit einer differenzierten schriftlichen Stellungnahme. In diesem Zusammenhang legen wir unsere Positionen zu diesem wichtigen Thema dar.

Der Philologenverband Nordrhein-Westfalen (PhV NRW) begrüßt den Antrag der FDP-Fraktion mit der Drucksache 18/8888 in der Grundsache, insbesondere die Forderungen nach mehr Transparenz und die kritische Auseinandersetzung mit den aktuellen dienstrechtlichen Maßnahmen. Daraus resultiert auch ein ehrlicher Umgang mit den Gründen der Kolleginnen und Kollegen, die den Schuldienst verlassen. Die steigenden Kündigungszahlen sind für uns vor allem ein Beleg dafür, dass die Kolleginnen und Kollegen in der Kündigung die letzte Rettung vor weiteren Belastungen sehen. Gleiches gilt offenbar auch für die Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums, die mit steigender Tendenz den Vorbereitungsdienst im Anschluss an das Studium nicht mehr antreten wollen und offenbar so abgeschreckt sind, dass sie im Schuldienst keine Perspektive für sich sehen. Nicht nur solche Aspekte sind von großer Bedeutung, um das Vertrauen der Lehrkräfte in das Bildungssystem zu stärken und eine gerechte Behandlung

sicherzustellen. In der Tat zeigt sich in der Praxis, dass bei Abordnungen in der Vergangenheit eine für die Kolleginnen und Kollegen intransparente Praxis durchgeführt wurde. Im Regierungsbezirk Münster mussten Abordnungen daher bereits auf richterliche Anordnung zurückgenommen werden. Die Möglichkeit von Zwangsabordnungen an weit entfernte Schulstandorte, auch die drohende Nichtgewährung von Teilzeit verstärken die Ängste in den Kollegien um ein Vielfaches und belasten den Arbeitsalltag zusätzlich. All das führt zu einem Arbeitsklima, dass für viele Lehrerinnen und Lehrer nicht gesund ist. Wir stimmen daher der FDP-Fraktion zu: Ein Erfolg des Handlungskonzeptes kann nur in Verbindung mit einer deutlichen Entlastung der Kolleginnen und Kollegen einhergehen bei gleichzeitiger Verbesserung des Arbeitsplatz Schule.

Manches ist für uns im Antrag allerdings auch nicht deutlich genug ausgeführt. Der Begriff der “Schulfreiheit” im Antrag ist unklar und vage. Es fehlt eine konkrete Definition und Ausgestaltung, die für eine sinnvolle Diskussion und Umsetzung notwendig wäre. Ohne eine klare Vorstellung davon, was unter Schulfreiheit zu verstehen ist, bleibt dieser Punkt leider schwammig und wenig zielführend. Unserer Erfahrung nach ist die Schulfreiheit oftmals eine Verlagerung von Verantwortung von den Schulträgern, der Schulaufsicht, dem Ministerium, hin zu den Schulleitungen, infolgedessen auch in Verbindung mit mehr Belastungen für Schulleitungen und auch Kollegien. Das allein darf nicht das Verständnis einer größeren Schulfreiheit sein und sollte parteiübergreifender Konsens sein.

Ähnlich verhält es sich mit dem Vorschlag eines zeitgemäßen Personalmanagements als Alternative zu den derzeitigen Abordnungen. Auch hier fehlt es an konkreten Maßnahmen und Konzepten, die eine echte Verbesserung der aktuellen Situation darstellen könnten. Ein modernes Personalmanagement muss klar definierte Strategien und Instrumente beinhalten, um effektiv und nachhaltig zu sein.

Der PhV NRW lehnt zudem jede Form einer berufsbegleitenden Lehrerausbildung ab. Diese Ausbildungsform kann nicht die notwendige Qualität und fachliche Tiefe bieten, die für die anspruchsvolle Tätigkeit als Lehrkraft erforderlich sind. Eine

fundierte und umfassende Lehrerausbildung ist unerlässlich, um den hohen Anforderungen des Lehrerberufs gerecht zu werden und eine qualitativ hochwertige

Bildung zu gewährleisten. Die im Antrag geforderte Aufwandsentschädigung für Studierende im Praxissemester halten wir dagegen auch für längst überfällig. In puncto Lehrerausbildung hat der PhV NRW nach dem KMK-Beschluss und dem daraus resultierenden Gutachten der SWK auch bereits differenzierte Stellungnahmen abgegeben, deren Inhalt für uns nach wie vor Bestand hat.[1]

Insgesamt sieht der PhV NRW in dem Antrag der FDP-Fraktion durchaus sehr positive Ansätze, allerdings fehlen an anderer Stelle ausreichend differenzierte Vorschläge. Es bedarf an diesen Stellen einer präziseren und detaillierteren Ausarbeitung, um die vorgeschlagenen Maßnahmen effektiv und zielführend diskutieren zu können. Der PhV NRW steht bereit, diesen Prozess konstruktiv zu begleiten und seine Expertise einzubringen, um gemeinsam eine Verbesserung des Bildungssystems zu erreichen.

Düsseldorf, den 24. September 2024

Mit freundlichen Grüßen

gez. Sabine Mistler
(Vorsitzende PhV NRW)


[1] Siehe dazu: https://phv-nrw.de/aktuelles/stellungnahmen/page/2/