Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung über die Einrichtung von Distanzunterricht (Distanzunterrichtsverordnung – DistanzunterrichtsVO)

Kategorien: Aktuelles, StellungnahmeVeröffentlicht: 19.09.2022

STELLUNGNAHME

des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen
(phv NRW)

Entwurf einer Verordnung über die Einrichtung von
Distanzunterricht
(Distanzunterrichtsverordnung – DistanzunterrichtsVO)

– Verbändebeteiligung gem. § 77 SchulG NRW –

Sehr geehrter Herr Bals,

vielen Dank für die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Grundsätzlich ist der Primat des Präsenzunterrichts aus der Sicht des Philologenverbands NRW zu begrüßen. Die VO legt den Distanzunterricht (DU) als Notfallinstrument fest, beschränkt auf die Fälle epidemisches Infektionsgeschehen und Extremwetterlage. Der PhV geht davon aus, dass diese sinnvolle bildungspolitische Setzung und Einschränkung auch nicht durch die gem. § 8 Abs. 2 und 3 SchulG möglichen Regelungen in den APOen unterlaufen wird.

§ 2

Abs. 2

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass die Entscheidung bei der Schulleitung liegt und nicht beim Schulträger. Sinnvoll erscheint mit Blick auf die Extremwetterlagen auch eine Abstimmung mit den anderen Schulen am Ort.

Abs. 2 Nr. 1

Aus PhV-NRW-Sicht ist hier eine Definition von Extremwetterlage (ggf. durch VV) dringend notwendig. Es bleiben ansonsten viele Fragen offen, wie beispielsweise, ob extreme Hitze eine Extremwetterlage darstellt. Würde in diesem Fall statt Hitzefrei wie bisher grundsätzlich Distanzunterricht greifen? Für die Oberstufe gab es bisher kein Hitzefrei. Wechseln die Sek-II-Schülerinnen und -Schüler dann vom Präsenzunterricht in Distanzunterricht?

Abs. 2 Nr. 3

Die in der Begründung gegeben Erläuterungen sind maßgeblich und müssen Eingang in den Erlass finden, um auszuschließen, dass erkrankte Lehrkräfte zum Distanzunterricht „genötigt“ werden können. Vgl. Begründung: insbes. „Hierunter sind insbesondere die Verhinderung von Lehrkräften wegen einer die Dienst- bzw. Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigenden Infektion oder einer Quarantäne zu fassen“.

Insgesamt bleibt ein Problem bestehen und dies betrifft die Verantwortung für die Entscheidung, ob die Dienst- bzw. Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist oder nicht. Dies kann zur sozialen Spaltung führen, dahingehend, dass sich Lehrkräfte genötigt veranlasst fühlen könnten, Distanzunterricht zu erteilen, trotz Erkrankung und andere sich krankmelden.

Unproblematisch ist hierbei lediglich der Quarantänefall.

§ 3

Abs. 1

Die Einrichtung von Distanzunterricht im Rahmen der Unterrichtsverteilung suggeriert einen systemisch angelegten Distanzunterricht über etwa ein Schulhalbjahr. Dies passt jedoch nicht zu den unter § 2 Abs. 2 angeführten Voraussetzungen für DU. Daher bleibt unklar, was hier mit „im Rahmen der Unterrichtsverteilung“ konkret gemeint ist. Da die Unterrichtsverteilung klassisch vor Beginn eines Schul(halb)jahres vorgenommen wird, könnte diese Formulierung zu rechtsmissbräuchlicher Einrichtung von DU in einzelnen Schulen führen. Hier muss eine Präzisierung im Sinne der Grundaussage unter § 2 Abs. 2 erfolgen.

Abs. 3

Gemeinsame Verantwortung und enge Abstimmung verschiedener Lehrkräfte beim DU und Präsenzunterricht bedeutet zusätzliche Belastungen für unsere Lehrkräfte, insbesondere für die am Präsenzunterricht beteiligte Lehrkraft, die im unmittelbaren Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern steht und daher die Hauptlast der pädagogisch-erzieherischen Arbeit trägt. In diesem Kontext muss das Grundprinzip gelten, dass die Belastung der Beteiligten Lehrkräfte nicht größer sein darf, als wenn Präsenz- und Distanzunterricht in einer Hand liegen.

Abs. 4

Der Fall kann sich eigentlich nur auf die Infektionslage beziehen und sollte daher auch unmissverständlich formuliert werden. Unverständlich ist aus unserer Sicht, wieso nach den zahlreichen Diskussionen der letzten zweieinhalb Jahre Abschlussklassen nicht direkt definiert werden. Für die gymnasiale Oberstufe müsste hier die gesamte Qualifikationsphase (FHR nach Q1, Abitur nach Q2) in den Blick genommen werden. Eine Konkretisierung ist daher sehr wünschenswert.

Abs. 5

Die hier gemachte Vorgabe lehnen wir grundsätzlich ab. Neben dem Präsenzunterricht einzelne Schüler(gruppen) im DU zu beschulen ist den Lehrkräften nicht zuzumuten. Präsenzunterricht kann nicht 1:1 in Distanzunterricht umgesetzt werden. Dies zeigt sich allein schon beim experimentellen Unterricht. Die einzige Ausnahme sind Hybridformate, die jedoch nur an wenigen Schulen derzeit techn. umgesetzt werden können. Zudem wird hier auch eine Erwartungshaltung von Eltern an Lehrkräfte geweckt, die eine dauerhafte Zusatzbelastung von Lehrkräften nach sich ziehen kann.

Abs. 6

Die Nutzung von Lehr- und Lernsystemen sowie Arbeits- und Kommunikationsplattformen in digitaler Form wird als Pflichtaufgabe von Lehrkräften mit Bezug zum Schulgesetz festgeschrieben. Dem folgend muss das MSB im Rahmen seiner Fürsorgepflicht für die Lehrerinnen und Lehrer auch vorschreiben, dass entsprechende Nutzungsordnungen und Rechte-Rollen-Konzepte wie für LOGINEO NRW für diese Plattformen verbindlich sind.

Abs. 7

Das zur Verfügung stellen von Räumen für DU ist bei Extremwetterlage ggf. wegen der Wegegefahr oder des spontanen Anordnens von DU nicht umsetzbar, kann aber gleichwohl nötig sein. Hier müsste aus unserer Sicht eine differenziertere Ausgestaltung erfolgen.

§ 5

Eine über die Vorgabe des § 9 Abs. 1 ADO hinausgehende regelmäßige Information zu Lern- und Leistungsentwicklung ist nachvollziehbar dennoch halten wir diese als weitere Zusatzbelastung für inakzeptabel. Unverständlich ist, wieso der DU hier eine andere Form bzw. Quantität der Rückmeldung zur Leistungs- und Lernentwicklung benötigt. Dieser Satz ist aus Sicht des PhV NRW zu streichen!

§ 6

Abs. 3

Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass Klassenarbeiten, Klausuren und Prüfungen in Präsenzform stattfinden.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Sabine Mistler
Vorsitzende phv NRW