Philologenverband mit vernichtender Kritik

Kategorien: PhV in den MedienVeröffentlicht: 14.11.2022

„(…) Im eigentlichen Impulspapier stehen ein paar Ideen mehr zur Digitalisierungsstrategie für die Schulen in NRW, doch die hat Karl-Heinz Dammer, Professor an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, nun exemplarisch für die Digitalisierungsstrategie der deutschen Bildungspolitik auseinandergenommen. Er hat für den Philologenverband NRW ein Gutachten erstellt und attestiert den Plänen der Politik unter anderem, dass sie von „ökonomischen, bildungsfernen Interessen“ geleitet seien. Demmer bezweifelt dabei den umfänglichen Nutzen für Schülerinnen und Schüler. Er betont, dass die „den digitalen Medien zugeschriebenen Vorzüge sich bisher nur sehr bedingt empirisch untermauern“ ließen. Und fordert deshalb, dass „Unterricht nicht von den technischen Möglichkeiten, sondern von seinen fachlichen und überfachlichen Bildungszielen her gedacht“ werden müsse. Es gebe auch keinerlei Belege für mehr Chancengleichheit durch den Einsatz digitaler Medien. Der Pädagoge schreibt: „Gesellschaftlich entstandene Probleme können nicht allein technisch gelöst werden.“

Sabine Mistler, die Vorsitzende des Philologenverbandes NRW, beklagt schon länger, dass das „Impulspapier II“ des Schulministeriums „ohne Beteiligung der Lehrerverbände aus dem Hut gezaubert worden“ sei. „Jene, die den Prozess maßgeblich umsetzen müssen, sind nicht eingebunden worden“, sagt die Sport- und Englischlehrerin. Das Gutachten solle nun als Grundlage dienen, um „in einen ernst zu nehmenden Diskurs“ mit der neuen Schulministerin zu gehen: „Wir wünschen uns, dass wir uns wissenschaftliche Begleitung ins Boot holen und mit Vorsicht und Bedacht und einer Überprüfung an die Digitalisierung herangehen.“

Mehr zeitliche Ressourcen für Lehrerinnen und Lehrer – auch Gewerkschafterin Sabine Mistler formuliert das als wichtigste Forderung. Selbst ohne Digitalisierung seien die Aufgaben immens: Mehr Flüchtlingskinder müssten integriert werden, die Lerngruppen seien durch Corona heterogener geworden, es gelte mehr psychosoziale Defizite aufzuarbeiten, und die Kernlehrpläne für das laufende Schuljahr müssten ja auch erfüllt werden.

Dazu komme nach Ansicht von Mistler: „Es darf durchaus bezweifelt werden, dass mehr Digitalisierung immer zu besserer Bildung führt.“ So könne man etwa Kinder mit Defiziten nicht einfach vor den Bildschirm setzen und von Algorithmen ausgegebene Aufgaben bearbeiten lassen. „Es bedarf immer einer begleitenden, fachlich, pädagogisch und methodisch-didaktisch hervorragend ausgebildeten Lehrperson, die auch nachfragen und erklären kann, warum etwas nicht verstanden wird.“

Der gesamte Beitrag ist am Montag, 14. November 2022, im Kölner Stadt Anzeiger erschienen.

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