Stellungnahme zum Kernlehrplan Wahlpflicht Informatik

Kategorien: Aktuelles, StellungnahmeVeröffentlicht: 23.03.2023

STELLUNGNAHME

des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen
(PhV NRW)

zum Kernlehrplan Wahlpflicht Informatik
für die Haupt-, Real-, Gesamt- und Sekundarschulen
sowie für das Gymnasium

– Durchführung der Verbändebeteiligung gem. § 77 Abs. 3 SchulG –

Wahlpflichtfach Informatik:

Der PhV NW nimmt im Folgenden Stellung zum Kernlehrplanentwurf für das Fach Informatik (WP II). Wir können nachvollziehen, dass der erst vor kurzen in Kraft gesetzte bisherige KLP von 2019 angepasst werden muss, da es nun das verpflichtende Fach Informatik in den Jgst. 5 und 6 gibt.

Der Kernlehrplanentwurf passt im Hinblick auf Form und Kompetenzorientierung zu den Kernlehrplänen der Sekundarstufe II. Die übergeordneten Kompetenzbereiche sind an die Oberstufenkompetenzen angelehnt und decken sich zum Teil mit diesen. Auch die Inhaltsfelder lassen sich so in der Oberstufe wiederfinden.

Kernlehrpläne für die Fächer des Wahlpflichtbereiches II (außer 3. Fremdsprache) müssen zwei wesentliche Aspekte berücksichtigen. Hierzu gehört zum einen die Aufteilung in „selbstständiges Fach“ und „kombiniertes Fach“. Die Auswahl der Inhaltsfelder und Kompetenzen ist vor dem Hintergrund zu treffen, welche Überschneidungen es ggf. mit den Zweitfächern im kombinierten Bereich geben kann. Zum zweiten ist zu beachten, dass es für alle Schülerinnen und Schüler möglich sein muss in der Sekundarstufe II das neu einsetzende Fach Informatik zu belegen, auch ohne den Wahlpflichtkurs besucht zu haben. Informatik trifft hier eine Sonderstellung, da dieses Fach nicht Pflichtfach in SI ist und inhaltliche Kompetenzen durch den Medienkompetenzrahmen festgelegt sind, der auf die anderen Fächer verweist.

Für die Schulen sind also Gestaltungsmöglichkeiten einzuplanen, um sinnvolle Kombinationen mit anderen Fächern im Wahlpflichtbereich anbieten zu können. Dies erscheint durch die Auswahlmöglichkeit der umzusetzenden konkretisierten Kompetenzerwartungen für das kombinierte Fach gelungen.

Ferner dürfen keine Kompetenzen der Sekundarstufe II vorweggenommen werden, da Informatik – außer in 5/6 – kein Pflichtfach in SI ist und eine Anwahl in der Einführungsphase möglich sein muss. Wie oben bereits beschrieben überschneiden sich viele Kompetenzen mit denen anderer Fächer im naturwissenschaftlich-mathematischen Feld, so dass dies mit dem Kernlehrplanentwurf weiterhin möglich ist, auch wenn es wie oben bereits genannt eine Annäherung an die Kompetenzbereiche der SII gibt.

Diese klare Abgrenzung von Kompetenzen erscheint aber aus mehreren Gründen nicht mehr gewährleistet zu sein, da z.B.

  • Seite 16: „wählen geeignete Datentypen aus“ und
  • Seite 17: „erläutern die Möglichkeit der Werteübergabe mithilfe von Parametern“

obligatorische Inhalte der Sekundarstufe II vorwegnehmen.
Zur Besseren Abgrenzung wäre es unter anderem auch wünschenswert, dass die Darstellungsform für der Entwicklung eines Automaten zu einer konkreten Problemstellung (Seite 17) genannt würde.

Solche Konkretisierungen würden den vorliegenden Entwurf auch im Hinblick auf die Abgrenzung zum Kernlehrplan der Klasse 5/6 verbessern. So wird auf Seite 16 von der Beurteilung verschiedener Verschlüsselungsverfahren gesprochen, ohne diese zu konkretisieren. Ebenso bei der Verwendung von Substitutionsverfahren.

Auch im Informatikunterricht ist sprachsensibler Fachunterricht von großer Bedeutung. Nicht nachvollziehbar erscheint in diesem Zusammenhang aber der „Einbezug von Mehrsprachigkeit“ (Seite 8) in die durchgängige Sprachbildung im Informatikunterricht. Auch dies gilt es mit Konkretisierungen zu verdeutlichen oder ersatzlos zu streichen.

Fast ersatzlos gestrichen wurde die Sensibilisierung für die Abgrenzung von Mensch und Maschine. Zwar sollen Schülerinnen und Schüler im Inhaltsfeld KI und maschinelles Lernen die grundlegenden Funktionsweisen von maschinellem Lernen beschreiben (Seite 18), sie sollen aber nicht mehr „erkennen, dass Maschinen keine Eigenintelligenz besitzen, sondern die Steuerung von Informatiksystemen bis hin zu Systemen mit ‚künstlicher Intelligenz‘ auf Algorithmen basieren, die von Menschen entworfen wurden.“ (fehlt im Entwurf auf den Seiten 12/13). Außerdem ist es kein ausdrückliches Ziel mehr, dass „… die Interpretation der Daten als Information eine gedankliche Leistung des Menschen ist und nicht vom datenverarbeitenden System vorgenommen wird“ (fehlt im Entwurf auf Seite 12).
Diese fehlende Sensibilisierung wird auch dadurch deutlich, dass der Bereich „Chancen und Risiken“ im Inhaltsfeld „Mensch und Gesellschaft“ durch das – auch wichtige – Feld „Datenschutz und Datensicherheit“ ersetzt wurde und auch der „Bereich KI und maschinelles Lernen“ im genannten Inhaltsfeld keine Rolle spielt.

Die Kriterien zur schriftlichen Leistungsüberprüfung im Kernlehrplan sind sachangemessen für das Gymnasium und entsprechen den in der Praxis eingesetzten Formen und Methoden. Auch der Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht“ umfasst in ausreichendem Maße die Formen und Methoden des Faches. Insbesondere werden auch andere als die genannten Überprüfungsformen ausdrücklich zugelassen. Positiv hervorzuheben ist hier, dass nun die Darstellungsleistung explizit in die Bewertung schriftlicher Arbeiten mit einzubeziehen sind.

Positiv hervorzuheben ist, dass der Kernlehrplan Informatik den Schulen genügend Freiräume in der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Kompetenzbereiche und Inhaltsfelder lässt. So ist beispielsweise keine Programmiersprache oder die Benutzung eines bestimmen Informatiksystems vorgeschrieben.
Gleichzeitig bergen die großen Freiräume und viele schwammige/unkonkrete Formulierungen die Gefahr, dass die Ziele des vorliegenden Entwurfs nur in geringem Maße in den schulinternen Lehrplänen wiederzufinden sein werden. Hier sollte von Seiten der QuaLIS sichergestellt werden, dass mehrere, verschiedene Beispiele von schulinternen Lehrplänen zur Verfügung gestellt werden.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Kernlehrplan Informatik wichtige Grundlagen des Faches vorgibt, aber gleichzeitig genug Gestaltungsmöglichkeiten in der Breite wie auch in der Tiefe lässt, was gerade für den Wahlpflichtbereich II sehr wichtig ist.

Düsseldorf, den 17. März 2023

gez. Sabine Mistler
– Vorsitzende –