Gewalt an Schulen: Jede zweite Lehrkraft war bereits Opfer
„Von Mobbing bis zu handfesten Morddrohungen. Gewalt gehört zum Alltag vieler Lehrkräfte in NRW. Das zeigt eine Umfrage des Philologenverbands.
Mobbing, Hass und Gewalt nehmen an den Schulen in NRW zu. Jede zweite Lehrkraft in NRW hat bereits Erfahrungen mit Gewalt an der Schule gemacht. Dies ergab eine aktuelle Umfrage unter rund 1500 Lehrkräften im September und Oktober 2023, die der Philologenverband (PhV) NRW am Mittwoch veröffentlicht hat. Demnach ist Gewalt keinesfalls in erster Linie ein Problem an Brennpunktschulen.
Da ist zum Beispiel der Schulleiter aus dem Westfälischen, der bei einem Spendenlauf von einem Vater beleidigt und körperlich angegriffen wird. Da ist die Kölner Lehrerin, die im Schulgebäude massiv von einem Schüler beschimpft wird. Und einem Lehrer aus dem Ruhrgebiet fliegt auf dem Schulhof eine Getränkeflasche an den Hinterkopf, schildert der Verband die Erfahrungen von Pädagoginnen und Pädagogen.
Bedrohungen, körperliche Attacken, Beschimpfungen, heimlich aufgenommene Videos in den sozialen Medien, Beleidigungen, falsche Beschuldigungen, Bombendrohungen bis hin zu handfesten Morddrohungen gehören in den Katalog der Übergriffe. „Uns haben die Zahlen und Schilderungen schockiert“, sagt die Vorsitzende des PhV in NRW, Sabine Mistler. „Sie zeigen deutlich, dass etwas passieren muss.“
Zwar nahm nur ein kleiner Teil der Lehrkräfte dort (254) an der Umfrage teil, weit weniger als an Gymnasien (1183). Dennoch geben 80 Prozent dieser 254 Lehrkräfte an, Gewalt sei an ihrer Schule häufig (50,7 Prozent) oder sehr häufig (18 Prozent). An Gymnasien sind es 27,6 Prozent und 6 Prozent. Während an Gymnasien Beleidigungen, Beschimpfungen und Online- oder Cyberdelikte an erster Stelle genannt werden, erinnern Gesamtschullehrer vor allem Körperverletzungsdelikte, Beleidigungen und Bedrohungen. Sogar Morddrohungen gegen Angehörige seien genannt worden. Das subjektive Sicherheitsgefühl am Arbeitsort Schule habe sich verschlechtert, sagen 36 Prozent der gymnasialen Lehrkräfte, an Gesamtschulen sind es 63 Prozent. Die Ergebnisse der Umfrage stehen im Einklang mit anderen, bundesweiten Studien, wie der des Verbands Bildung und Erziehung.
Der Umfrage des Philologenverbands zufolge gehen die Übergriffe „mit Abstand am häufigsten“ von Schülerinnen und Schülern aus, gefolgt von Eltern. „Elterngespräche nicht allein führen“, riet eine der befragten Lehrkräfte. Hilfe oder Unterstützung erhoffen sich Lehrerinnen und Lehrer von der Einrichtung von Einlasskontrollen und Videokameras, Sicherheitsdiensten sowie von Gewaltschutzbeauftragten, mehr Schulsozialarbeit und/oder Schulpsychologie, so der Verband. Eines sei jedoch am deutlichsten geäußert worden: „Wir dürfen das Thema nicht mehr totschweigen.“
Der gesamte Beitrag ist am Mittwoch, 15. November 2023, in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung und der Westfalenpost erschienen.
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