Lehrkräfte wünschen sich kostenfreie Zugänge zu KI-Anwendungen

Kategorien: PhV in den MedienVeröffentlicht: 30.01.2024

„Die Skepsis unter Lehrkräften gegenüber generativen KI-Systemen wie ChatGPT scheint zu sinken. Darauf weist eine Online-Befragung unter Mitgliedern des nordrhein-westfälischen Philologenverbandes (PhV NRW) hin. „Unsere Umfrage zeigt, dass viele Kolleginnen und Kollegen neuen Technologien aufgeschlossen gegenüberstehen“, sagt Sabine Mistler, Landesvorsitzende des PhV NRW. Das gilt vor allem für die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, wird aber auch in einem weiteren Ergebnis deutlich: Der Großteil der befragten Lehrer*innen wünscht sich, dass die Landesregierung Lehrkräften die Nutzung von KI-Anwendungen ermöglicht.

Erst vor rund zwei Wochen verwies die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) in einem Impulspapier auf das große Potenzial, das KI-Anwendungen wie ChatGPT für das Lernen und die Unterrichtsvorbereitung bieten könnten (News4teachers berichtete). Nun lassen die Ergebnisse der Mitglieder-Befragung des PhV NRW vermuten, dass Lehrkräfte weiterführender Schulen zunehmend bereit sind, die Vorteile der neuen Technologie zu entdecken. 48 Prozent der 853 Lehrkräfte, die an der Umfrage teilnahmen, gaben dieser zufolge an, KI-Systeme im Arbeitsalltag zu verwenden. Zum Vergleich: Im vorherigen Jahr antworteten in einer entsprechenden PhV-Umfrage lediglich 22 Prozent von 755 befragten Lehrkräfte, solche Anwendungen regelmäßig für ihren Unterricht zu nutzen.

Akzeptanz besonders bei jüngeren Lehrkräften ausgeprägt

Vor allem unter den jüngeren Lehrerinnen und Lehrern scheint die Bereitschaft größer, KI-Systeme einzusetzen. Während in der Gruppe der bis 35-Jährigen 66 Prozent angaben, solche Tools für ihre Tätigkeit als Lehrkraft zu verwenden, nutzen in der Altersklasse ab 55 Jahren nur noch 28 Prozent KI-Anwendungen. Unter den bis 45-Jährigen sind es noch 51 Prozent und 48 Prozent bei den bis 55-Jährigen.

Dabei setzen die Lehrkräfte vor allem für Textarbeit, Texterstellung oder Textvergleiche auf KI-Systeme: Häufig erstellen sie mit ihnen Aufgaben für Unterricht und Klausuren, aber auch sogenannte Erwartungshorizonte. Zudem kommt KI zur Bild- und/oder Videoproduktion zum Einsatz, ebenso für die Korrespondenz beispielsweise mit Eltern. Fast die Hälfte der Befragten vermittelt ihren Schülerinnen und Schülern den Umgang mit KI in ihrem Fachunterricht.

Allerdings: Nicht einmal jede zehnte Lehrkraft (9 Prozent) empfindet die Nutzung von Künstlicher Intelligenz als Entlastung, etwas mehr als jede Vierte fühlt sich immerhin „eher entlastet“ (28 Prozent). Die Mehrheit hält ChatGPT & Co. jedoch eher für eine Mehrbelastung (45 Prozent) oder klar für eine Mehrbelastung (18 Prozent). Diese Ergebnisse unterstützen die SWK-Einschätzung, dass KI-Anwendungen nur unter bestimmten Bedingungen positiv zum Lehr-Lern-Prozess beitragen, wie etwa, wenn „Lehrkräfte für den Einsatz der Tools qualifiziert sind“. Dazu passt, dass vielen Befragten laut Verband in ihrem Berufsalltag Zeit und Freiheit fehlten, um neue Technologien ergebnisoffen auszuprobieren, sowie themenbezogene Fortbildungen. Zudem vermissen die Pädagoginnen und Pädagogen in NRW-Vorgaben zur rechtskonformen Nutzung, konkrete Anwendungen für den eigenen Unterricht und Hilfe beim Erkennen von KI generierten (Schüler-)Texten.

Trotz der bestehenden Unterstützungsbedarfe lehnen die befragten Lehrkräfte KI-Tools nicht grundsätzlich ab. Im Gegenteil: 81 Prozent wünschen sich, dass die Landesregierung Lehrkräften die Nutzung von KI-Systemen ermöglicht. Vor allem kostenfreie Zugänge zu den Anwendungen über landeseigene Lizenzen, wie sie beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern für seine Lehrerinnen und Lehrer bereitstellt, scheinen eine ersehnte Variante zu sein. PhV-Landesvorsitzende Mistler erklärt dazu: „Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz empfiehlt in ihrem jüngsten Impulspapier die systematische Erprobung von KI in Schule und Unterricht. Kostenfreie Zugänge für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte sind dafür eine wichtige Voraussetzung.

Eckpunkte zur Umfrage:
In der Zeit vom 5. bis 21. Januar 2024 führte der Philologenverband NRW eine Online-Befragung unter seinen Mitgliedern durch, an der sich 853 Personen beteiligten. Von ihnen gaben 87 Prozent an, am Gymnasium tätig zu sein, 11 Prozent an einer Gesamtschule zu arbeiten und jeweils ein Prozent an Weiterbildungskollegs beziehungsweise an anderen Schulformen zu unterrichten. 18 Prozent der Teilnehmenden waren jünger als 35 Jahre, 36 Prozent jünger als 45 und 33 Prozent jünger als 55 Jahre. 14 Prozent gehören zur Gruppe der über 55-Jährigen. Hier finden Sie die Ergebnisse in der Übersicht.“

Der Beitrag ist am Montag, 29. Januar 2024, im Onlineportal News4Teachers erschienen.