ZP10: Gymnasiallehrer fordern freiwillige Lösungen
„In diesem Jahr haben Gymnasiasten in NRW erstmals wieder flächendeckend zentrale Abschlussprüfungen am Ende der Mittelstufe abgelegt, die „ZP10“ in der zehnten Klasse. Ein Riesenaufwand für die Schüler, die dafür büffeln, und für die Lehrer, die alles vorbereiten und korrigieren müssen. Dabei hätten die wenigsten jungen Menschen etwas davon, sagt der Philologenverband NRW und fordert Änderungen. „Wir können uns die ZP10 auf freiwilliger Basis gut vorstellen – zum Beispiel am Ende der zehnten Klasse, so wie es Bayern vormacht“, sagte die Landesvorsitzende Sabine Mistler unserer Redaktion.
Die Noten der zentralen Abschlussprüfungen fließen in den mittleren Schulabschluss nach der zehnten Klasse ein. Aber die Zahl der jungen Leute, die das Gymnasium damit verlassen wollten, liege bei unter zehn Prozent, legte Mistler dar. Wäre die Prüfung freiwillig, könnten die Betroffenen sich immer noch dafür entscheiden. Es müsste aber nicht der ganze Jahrgang mitmachen, und die Lehrkräfte hätten nur noch einen Bruchteil der Arbeit.
Für sie seien die Tests eine Materialschlacht: Sie müssten große Mengen Prüfungsmaterial durcharbeiten, der Korrekturaufwand sei extrem hoch, häufig müssten zusätzlich mündliche Prüfungen angesetzt werden. „Man muss sich doch ernsthaft die Frage stellen, ob dieser Aufwand gerechtfertigt ist“, sagte die Landeschefin des Philologenverbands. „Uns erschließt sich nicht, warum an unserer Schulform diese enorm hohe Zusatzbelastung sinnvoll sein soll“ – und dies auch noch neben der arbeitsintensiven Abiturphase. In den vergangenen Jahren fielen die Abschlussprüfungen wegen G8 – der verkürzten Schulzeit zum Abitur – an fast allen NRW-Gymnasien flach. Nach der Umstellung auf G9 gibt es nun wieder überall eine zehnte Klasse in der Mittelstufe, und so wurden die zentralen Prüfungen wieder eingeführt. Ginge es nach dem Philologenverband, dann hätte man das einfach gelassen. „Aus unserer Sicht war die ZP10 an den Gymnasien schon immer überflüssig“, stellte Sabine Mistler klar. Im vergangenen Jahr forderte der Verband darum die komplette Abschaffung – so, wie es etwa der Senat im Stadtstaat Berlin beschlossen hat. In NRW ließ sich das aber politisch nicht durchsetzen. Ein Prüfungsangebot auf freiwilliger Basis wäre ein Kompromiss.
Beifall dafür kommt vonseiten der Eltern. „Wir unterstützen, dass es eine freiwillige Teilnahme wird“, erklärte Karla Foerste von der Landeselternschaft der Gymnasien. „Für diejenigen, die es möchten oder die es voraussichtlich nicht schaffen werden, in die Oberstufe zu kommen, ist dieser Schulabschluss wichtig. Für alle anderen ist er nicht wirklich relevant.“ Für die Prüfungsvorbereitung werde Unterrichtszeit genutzt, die anders besser investiert wäre. Auch gebe es derzeit noch keine Lösung für Fälle, in denen Jugendliche in der zehnten Klasse noch ein Auslandsjahr einlegen wollten. Die Organisation plant kurzfristig eine Elternbefragung zu dem Thema.
Beim Schulministerium von Dorothee Feller (CDU) beißen Lehrer und Eltern mit ihrer Forderung bislang auf Granit: Die Prüfung freiwillig zu gestalten stehe in NRW „nicht zur Diskussion“, hieß es dort. Sie sorge für eine bessere Vergleichbarkeit von Abschlüssen, liefere wertvolle Rückmeldungen über den Leistungsstand der Schüler, und diese könnten vor dem Zentralabitur Erfahrungen sammeln. „Das Schulministerium weiß um Aufwand, der mit der Durchführung von zentralen Prüfungen verbunden ist“, betonte ein Sprecher. Als Ausgleich könnten alle weiterführenden Schulen in der zehnten Jahrgangsstufe eine Klassenarbeit weniger schreiben.“
Der gesamte Beitrag ist am Samstag, 15. Juni 2024, in der Rheinischen Post und in der Aachener Zeitung erschienen.
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