Zwischen Erdbeerduft und Existenzdruck – Ein Genussspaziergang der besonderen Art
Neues Veranstaltungsformat des PhV-Bezirks Bonn / Rhein-Sieg nach einer Idee und auf Initiative von Dr. Doris Kolter-Jung
Am 14.6.2025, einem sehr heißen und sonnigen Frühsommertag, besuchten 20 Mitglieder des PhV Bezirks Bonn/Rhein-Sieg den Engelshof in Niederkassel-Rheidt. Wir wurden herzlich von Herrn Engels begrüßt und zu einer spannenden Feld- und Betriebsbesichtigung eingeladen.
Ringsum pflückten Familien Erdbeeren und Johannisbeeren, Kinderlachen lag in der Luft und der süße Duft der Früchte verzauberte die Besucher. Doch wer genauer hinschaut, der erkennt: Hinter dem scheinbar sorglosen Hofleben steckt harte Arbeit – und ein täglicher Kampf um faire Bezahlung, vor allem bei Saisonarbeitskräften.
Der Engelshof wird in vierter Generation von der Familie Engels geführt. Begonnen hat alles als reiner Ackerbetrieb. Zunächst spezialisierte sich die Familie auf den Erdbeeranbau und erweiterte den Hof um Gemüse- und Obstplantagen. Heute umfasst die bewirtschaftete Fläche etwa 150 Hektar. Neben Erdbeeren wachsen hier auch Himbeeren, Gurken, Kirschen, Bohnen und vieles mehr – vieles davon kann direkt vor Ort selbst gepflückt werden. Der Hofladen ist das ganze Jahr über geöffnet.
Landwirtschaftliche Betriebe wie der Engelshof stehen unter enormem ökonomischem Druck. Die Preise für Energie, Verpackung, Wasser und Arbeitskräfte steigen stetig, während Handelsketten die Abnahmepreise nach unten drücken. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Frische, Qualität und Regionalität – oft zu Discountpreisen. Selbstpflücker verhalten sich leider nicht immer rücksichtsvoll und manchmal bahnt sich leider sogar kriminelle Energie ihren Weg. So erfuhren wir aus erster Hand, dass Ware auch schon einmal nicht bezahlt wird und auf Vertrauen basierende Selbstzahlerkassen einfach bei „Nacht und Nebel“ samt Inhalt entwendet werden.
Zum Abschluss wurde uns eine neue Erdbeeranlage gezeigt, deren Anschaffungskosten bei 200.000 Euro liegt. Die Erdbeerpflanzen sind in Pflanzkästen auf einem Stelzengerüst angebracht. Die Versorgung erfolgt durch eine manuell gesteuerte Nährlösung, die Pflanzen wachsen in einer Mischung aus Kokosfaser, Steinwolle und Granulat. Diese Technik macht die Früchte weniger anfällig für Fäulnis, ermöglicht eine längere Erntesaison sowie ein Rücken schonendes Arbeiten, da die Früchte in Griffhöhe hängen.
Unser Besuch auf dem Engelshof war nicht nur eine Begegnung mit reifen Erdbeeren, sondern auch mit einer Realität, die vielen Verbrauchern verborgen bleibt: Landwirtschaft ist Knochenarbeit. Und faire Bedingungen für die Helferinnen und Helfer sind kein Selbstläufer.
Wer regionale Lebensmittel konsumieren will, der muss auch regionale Verantwortung übernehmen. Solidarität entsteht durch bewusste Entscheidungen an der Ladentheke.
Abseits der Führung entstanden lebhafte Diskussionen, die bei der abschließenden Einkehr im Clostermannshof erneut auflebten – vor allem beim Genuss regionaler Gemüsesorten.
Unser Dank gilt der Vorstandsvorsitzenden Jutta Bohmann für die exzellente Organisation und Durchführung. Ebenso möchten wir Herrn Engels danken, der offen, geduldig und ehrlich über die Herausforderungen der deutschen Landwirtschaft berichtete und uns seinen Hof vorstellte.
Doris Kolter-Jung und Uta Kießling
Fotos: Blick in die neue Stelzenanlage für Erdbeeren