NRW-Umfrage: Jeder zweite Lehrer an Gymnasien von Gewalt betroffen
„Beschimpft, bedroht, geschlagen – jeder zweite Lehrer an einem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen hat bereits Gewalt erfahren. An Gesamtschulen sind es sogar drei von vier Lehrkräften, wie eine aktuelle Umfrage des Philologenverbands NRW zeigt. Der Verband hat rund 1.500 Lehrerinnen und Lehrer gefragt, in welcher Form und wie häufig sie Gewalt an Schulen ausgesetzt sind. Die Ergebnisse zeigen, dass Gewalt an Schulen keineswegs nur ein Problem in sogenannten Brennpunkten ist. Die Mehrheit der Befragten arbeitet an einem Gymnasium (79 Prozent).
In den meisten Fällen sind es Schüler oder Eltern, die die Lehrer beleidigen oder beschimpfen. An Gymnasien kommt es zudem häufig zu Online-Delikten. Lehrer an Gesamtschulen erleben dagegen häufiger Sachbeschädigungen und körperliche Übergriffe. Während Gymnasiallehrkräfte eher selten mit Gewalt im Schulalltag konfrontiert sind, sagen 42 Prozent der Lehrer von Gesamtschulen, dies geschehe häufig (35 Prozent) oder sehr häufig (7 Prozent).
Als Folge fühlen sich Lehrer zunehmend nicht sicher an ihrem Arbeitsort. 36 Prozent der Lehrkräfte an Gymnasien und 63 Prozent der Befragten an Gesamtschulen sagen, ihr subjektives Sicherheitsgefühl habe sich in den vergangenen drei Jahren verschlechtert. Die meisten betroffenen Lehrkräfte wenden sich mit ihren Sorgen an die Schulleitung oder ihre Kollegen. Rund der Hälfte der Befragten sind jedoch keine Anlaufstellen außerhalb der Schule bekannt. Ähnlich viele geben an, dass es an ihrer Schule kein transparentes Verfahren im Umgang mit Gewalt gibt.
„Das Thema wird nur allzu gern unter den Teppich gekehrt“, kritisiert Sabine Mistler, Vorsitzende des Philologenverbands NRW. Während Lehrkräfte nicht gerne zugeben, Opfer einer Attacke geworden zu sein und nach einem Angriff womöglich an sich selbst zweifeln, fürchten Schulleitungen oft um den guten Ruf der Schule, sagt Mistler. Das führe dazu, dass Gewalt gegen Lehrer ein Tabu-Thema sei.
Politik und Verwaltung dürfen die Lehrkräfte nicht allein lassen, fordert Mistler daher. Neben den Personalräten sollte es an jeder Bezirksregierung eine feste Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner geben, der sich intensiv und mit juristischen Kenntnissen mit Vorfällen an Schulen beschäftigt. Außerdem müssten Schülerinnen und Schüler besser aufgeklärt und Eltern stärker in die Verantwortung genommen werden. Vera Kraft
Der gesamte Beitrag ist am Mittwoch, 22. November 2023, im Newsletter Bildung.Table #168 erschienen.
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