Lehrerin schlägt Alarm – „Brauchen deutliche Unterstützung“
Eine aktuelle Umfrage des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen (PhV NRW) ergab: Fast die Hälfte (47 Prozent) aller Lehrer an Gymnasien und mehr als ein Dreiviertel (76 Prozent) der Lehrkräfte an Gesamtschulen waren in den vergangenen Jahren schon einmal persönlich von Gewalt betroffen. Sabine Mistler, Vorsitzende des PhV NRW und selbst Lehrerin, schlägt Alarm.
Insgesamt 1.500 Lehrkräfte aus NRW beteiligten sich an der Umfrage. „Jetzt muss man natürlich schauen: Wie definiert man Gewalt? Das ist ganz wesentlich. Schwerpunktmäßig geht es unserer Umfrage nach, an Gymnasien und Gesamtschulen eher um verbale Gewalt, also beispielsweise Beschimpfungen und Bedrohungen. Das sind Kinder und Jugendliche, die ihre verbale Kommunikation nicht im Griff haben“, erklärt Mistler.
Was als Gewalt wahrgenommen wird, unterscheidet sich häufig zwischen Einzelpersonen. Einige Lehrkräfte fühlen sich schon durch Beleidigungen angegriffen, bei anderen beginnt Gewalt erst mit körperlichen Angriffen. „Es muss gesellschaftlich ein klarer Konsens gefunden werden, auf den man sich berufen kann und der eingehalten wird, damit ein Gefühl von Rückhalt entsteht“, betont Mistler.
Doch Lehrer müssen sich nicht nur beschimpfen und bedrohen lassen: Gymnasiallehrkräfte bekommen es nicht selten auch mit Cyber- und Online-Mobbing zu tun (13 Prozent), während Gesamtschullehrer über Sachbeschädigung (12 Prozent) klagen. „Viele Kollegen haben Sorgen ihre Probleme, es anzusprechen. Sie denken, dass sie nicht genügend Autorität den Schülern gegenüber ausstrahlen und sich deswegen an die eigene Nase fassen müssen“, betont die Vorsitzende des PhV NRW. Das Thema Gewalt werde an vielen Schulen „tabuisiert“, so Mistler.
Die Englisch- und Sportlehrerin schlägt Alarm: „Unsere Aufgaben als Lehrkräfte sind immens gewachsen. Wir werden häufig als diejenigen genutzt, die allein die Probleme der Kinder und Jugendlichen bewältigen sollen. Das ist nicht angemessen und nicht machbar. Den größten Lebensanteil erleben die Schüler in ihrem familiären und sozialen Umfeld. Wir sind nur ein Teil, eher ein Mikrokosmos im Gesamtgefüge.“
Deswegen fordert Mistler: „Wir brauchen deutliche Unterstützung. Ich weiß, dass das sehr schwer ist, weil eben viel Personal fehlt. Es fehlen uns Sozialarbeiter und Schulpsychologen, die wir als unterstützende Kräfte wirklich dringend brauchen.“ Und mehr Unterstützung fordert nicht nur die 58-Jährige. Wie die Umfrage weiterhin ergab, wünschen sich zahlreiche Lehrkräfte „einen festen Ansprechpartner vor Ort“, „einheitliches Umgehen mit Vorfällen“ und „schnelles und konsequentes Vorgehen“. Außerdem sollen bestehende Probleme „nicht unter dem Tisch gekehrt werden“.
Der gesamte Beitrag ist am Dienstag, 26. März 2024, in Der Westen erschienen.
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