Wie gemein darf eine Abizeitung sein?
„Prämierungen, Ranking-Listen, Lehrer-Steckbriefe: So etwas gehört zu Abizeitungen häufig dazu. Da können Fragen auftauchen wie: Wer ist die attraktivste Lehrkraft – oder eben nicht? Wer hat eindeutig den falschen Beruf gewählt, und wer hat wohl bei gleichbleibendem Lebensstil die kürzeste Lebenserwartung? Dazu kommen kontroverse Sprüche oder Anekdoten aus dem Klassenzimmer. Was Lehrerinnen und Lehrer aushalten müssen, geht zu oft unter die Gürtellinie, sagt der Philologenverband NRW, der viele Pädagogen von Gymnasien vertritt. „Lehrkräfte wehren sich oft nicht dagegen, leiden aber sehr darunter“, sagte die Vorsitzende des Verbands, Sabine Mistler, unserer Redaktion. „Man muss die Tabuisierung beenden und reflektieren, was es bedeutet, wenn Grenzen überschritten werden. Jedes Jahr werden Lehrkräfte durch Aussagen und Anfeindungen, die in einer Abizeitung verewigt werden, sehr verletzt.“ Ihre Forderung: „Es müssen klare Grenzen gesetzt werden. Und diese Grenzen müssen die Schulen definieren.“ Sie müssten mit den Oberstufenschülern Richtlinien vereinbaren über die Sprache, die Inhalte und die Darstellung von Personen. An Schulen, an denen dies schon praktiziert werde, mache man gute Erfahrungen. „Wertschätzung und Respekt dürfen auch in einer Abizeitung nicht vergessen werden“, sagte Mistler. (…)
Der Philologenverband NRW will dafür sensibilisieren, wie häufig und schwerwiegend Gewalt im weitesten Sinne – auch in Form von Schmähungen, Mobbing oder Diskriminierungen – Lehrkräfte in ihrem Job belastet. Bei einer Befragung des Verbands im vergangenen Jahr gaben 76 Prozent der teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer von Gesamtschulen und 47 Prozent der Lehrer von Gymnasien an, binnen der vergangenen drei Jahre an ihrer Schule davon betroffen gewesen zu sein. In den weitaus häufigsten Fällen ging das problematische Verhalten demnach von Schülern aus.“
Der gesamte Beitrag ist am Dienstag, 23. April 2024, in der Rheinischen Post erschienen.
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