Anmerkungen und Fragen des PhV NRW zu einzelnen Aspekten im Sechs-Punkte-Plan des MSB zur Reform der Lehrkräftefortbildung

Kategorien: Aktuelles, StellungnahmeVeröffentlicht: 26.08.2024

Grundsätzlich begrüßt der PhV NRW eine Reform der Lehrkräftefortbildung. Seit langem fordern wir eine Steigerung der Qualität der Fortbildungsangebote durch einheitliche Standards sowie mehr Effizienz und Effektivität durch verbesserte Strukturen des Fortbildungssystems. Es ist uns klar, dass im Prozess der geplanten Umsetzung noch viele Details zu klären sind. Daher ist es uns wichtig, dass wir uns frühzeitig in diesen einbringen.

Diese vorliegende Zusammenfassung unserer Haltungen und Fragestellungen entstand nach Eingaben durch Mitglieder und einen intensiven Austausch mit unserem Bildungsausschuss sowie weiteren PhV NRW Gremien.

Wir haben diese dem Ministerium bereits zukommen lassen und möchten damit auch darüber hinaus dazu anregen, über unsere Fragen und Gedanken zum Sechs-Punkte-Plan zur Reform der Lehrkräftefortbildung intensiv mit weiteren Experten und Verantwortlichen aus Schule und Politik in den Austausch zu gehen und zu diskutieren. Im Verlauf werden sich daher eventuell weitere Fragen ergeben.

Vorab wäre im Gesamtkontext eine klare Definition der Begriffe „Fortbildung“ und „Fortbildungsplanung“ erforderlich.

Durch unsere Fragen zu den sechs Punkten des Konzepts möchten wir zur Diskussion und zum Austausch anregen. Im Verlauf werden sich daher eventuell weitere Fragen ergeben.

1. Sicherung gleichwertiger Qualität, thematischer Stringenz und Ausbau digitaler Formate

Wir begrüßen die Entwicklung von landesweit gültigen Qualitätsmaßstäben.

Zum Ansatz der landesweit verbindlichen Kernkonzepte zu den prioritären Themen haben wir folgende Fragen:

  • Welche Themen gelten als prioritär?
  • Werden auch fach- und schulformbezogene Kernkonzepte erstellt?
  • Wie wird die Qualität der Fortbildung bei „kleinen Fächern“ gewährleistet?
  • Wer wird an der Erstellung von Qualitätsmaßstäben und an der inhaltlichen Arbeit der Kernkonzepte beteiligt?
  • Wie wird die Orientierung an der schulischen Praxis sichergestellt?

Wir begrüßen den Ausbau der Fortbildungsangebote und ihrer Formate (in Präsenz, online und hybrid).

  • Wie wird sichergestellt, dass es nicht zu einer Entgrenzung der Arbeitszeit der Lehrkräfte kommt?

Zur Qualifizierung der Moderierenden:

  • Welche eigenen Gestaltungsmöglichkeiten haben die Moderierenden bei der Umsetzung von ggf. vorgegebenen Kernkonzepten?
  • Wie hoch ist der Aufwand der Qualifizierung für die Moderierenden?
  • Wie wird die Gewinnung geeigneter Moderierender gestaltet?
  • Werden die Moderierenden weiterhin stark in der Unterrichtspraxis verankert sein?

2. Aufbau eines Fortbildungsmonitorings, Schaffung datenbasierter Evidenz und Berichterstattung

Der Aufbau eines Monitorings zur Fortbildungsplanung und -evaluation und -berichterstattung sowie zur Erfassung von Fortbildungsbedarfen ist nachvollziehbar. Eine umfassende und integrative IT-Verfahrenslösung soll eine landesweite Fortbildungsadministration ermöglichen.

  • Hat sich FORMAT.NRW an den Modellschulen bewährt?
  • Ist eine alternative IT-Verfahrenslösung angedacht?
  • Wie wird der Datenschutz gewährleistet, damit es nicht zu einer Überwachung der Lehrkräfte und Moderierenden kommt?
  • Ist sichergestellt, dass die tatsächlichen, individuellen Bedarfe der einzelnen Lehrkräfte nicht nur erfasst werden, sondern auch zu entsprechenden Fortbildungsangeboten führen?

3. Schrittweise Einführung einer systemischen Fortbildungspflicht und Fortbildungsplanung in Schulen

Ergänzend zur schon bestehenden individuellen Fortbildungspflicht der Lehrkräfte (ADO §11) soll nun eine systemische Fortbildungspflicht geschaffen werden. Durch die bisherigen Formulierungen im Sechs-Punkte-Plan steht die Befürchtung im Raum, dass diese systemische Fortbildungspflicht die pädagogische Freiheit der Lehrkräfte (ADO §5) zu sehr einschränken könnte und zu einer erheblichen Ausweitung der Arbeitszeit und Bürokratie an Schulen führen wird. Wir fragen daher:

  • Welche Ressourcen werden für die zusätzlichen Aufgaben der Schulen (Fortbildungsgespräche, Fortbildungsplanung etc.) zur Verfügung gestellt?
  • Wird auch die Rolle der Fortbildungsbeauftragten an den Schulen aufgewertet (z.B. durch Entlastung oder ein Funktionsamt, wie etwa in Bayern)?
  • Welche Möglichkeiten und Fragen ergeben sich hier durch den Einsatz von IT-Verfahrenslösungen an Schulen wie z.B. FORMAT.NRW?
  • In welchem Verhältnis steht der Umfang von vorgegebenen Fortbildungsverpflichtungen (an den Fortbildungstagen) zu den individuellen Wahlmöglichkeiten für z.B. fachbezogene Fortbildungsveranstaltungen?
  • Wie werden an den Fortbildungstagen die Teilzeiten berücksichtigt?
  • Wie wird die Einbindung von Fortbildungsangeboten von nichtstaatlichen Anbietern (Fachverbände, Kirchen, kommerzielle Anbieter etc.) erfolgen?
  • Wie wird sichergestellt, dass die einzelne Lehrkraft bei der Gestaltung ihres Unterrichts weiterhin eine freie Wahlmöglichkeit der Unterrichtskonzepte behält?

4. Etablierung verbesserter Steuerungs- und effizienterer Umsetzungsstrukturen

Das Reformkonzept sieht die QUA-LiS NRW als zentrale Instanz der Steuerung. Im Bereich Konzeptentwicklung und Fortbildungspersonal soll eine neue Form der landesweiten Kooperation und Arbeitsteilung der fünf Bezirksregierungen und der QUA-LiS in Soest eingeleitet werden. Für den PhV NRW stellen sich hier folgende Fragen:

  • Wird die schulfachliche Ebene (Dez. 43) auch an der inhaltlichen Konzeptentwicklung beteiligt (im Sechs-Punkte-Plan werden nur die Fortbildungsdezernate erwähnt)?
  • Wie wird sichergestellt, dass trotz einer zentralen Steuerung „von oben“ die Bedarfe und Themen aus der (Unterrichts-)Praxis berücksichtigt werden?

5. Etablierung effizienter Regionalstrukturen

Wir begrüßen ausdrücklich die Reduzierung von 53 Kompetenzteams auf Ebene der staatlichen Schulämter auf 13 „Regionalteams für Fortbildung“, die an die jeweiligen Bezirksregierungen angebunden sind. Folgende Fragen stellen sich hier:

  • Wie kann ein breiteres und qualitativ verbessertes Angebot trotz einer Reduzierung des Fortbildungspersonals erreicht werden?
  • Mit welchen „weiteren Anbietern in der regionalen Bildungslandschaft“ werden die RTFs als Kooperationspartner zusammenarbeiten?
  • Gibt es auf dieser Ebene auch eine erweiterbare Möglichkeit, überregionale Anbieter zu nutzen?

6. Systematische Zusammenarbeit mit Hochschulen

Wir begrüßen die stärkere Einbeziehung der wissenschaftlichen Expertise und der Fortbildungsangebote der Hochschulen. Dazu stellen wir folgende Frage:

  • Wie wird bei der Entwicklung von Kernkonzepten durch die Hochschulen und die QUA-LiS die Perspektive und Expertise der Lehrkräfte einbezogen?