Lehrer bezweifeln, dass sie Abiturienten gut aufs Leben vorbereiten
„Eine Umfrage unter vornehmlich Gymnasiallehrkräften bringt Alarmierendes zutage. Eine große Mehrheit zweifelt am Sinn der Arbeit. Etwa jeder dritte denkt gelegentlich daran, den Job an den Nagel zu hängen. Die Schulministerin kündigt Entlastungen an.“
Die große Mehrheit der Gymnasiallehrer in NRW denkt nicht mehr, dass sie ihre Schülerinnen und Schüler noch richtig fit macht für die Zukunft. „Viele Kolleginnen und Kollegen halten die Rahmenbedingungen auch an Gymnasien mittlerweile für so problematisch, dass sie nicht mehr glauben, Schülerinnen und Schüler angemessen auf ein Studium vorbereiten zu können“, sagt Sabine Mistler, Landeschefin des Philologenverbands NRW. Diese Zweifel äußerten in einer großen aktuellen Umfrage des Verbands jedenfalls knapp 80 Prozent der Befragten. „Das stimmt uns insgesamt sehr nachdenklich und sollte auch den politischen Parteien im Land deutlich zu denken geben“, so Mistler.
An der Erhebung zur Berufszufriedenheit, die der Verband durchgeführt hat, beteiligten sich um den Jahreswechsel rund 3100 Lehrkräfte. Die weitaus meisten Teilnehmenden – 86 Prozent – waren an Gymnasien beschäftigt, zehn Prozent an Gesamtschulen.
Die Ergebnisse sind auch ansonsten nicht allzu ermutigend. Fast jeder zweite Befragte sagte, er würde seinen Beruf nicht noch einmal ergreifen. Etwa ein Drittel denkt gelegentlich ernsthaft darüber nach, ihn aufzugeben. „Die Stimmung an unseren Schulen ist schlecht, die Arbeitsbedingungen sind es ebenfalls, und die Liste der Probleme ist lang“, erklärte Sabine Mistler.
Besonders häufig klagten die Lehrerinnen und Lehrer über zu viele Zusatzaufgaben abseits des pädagogischen Bereichs, überbordende Bürokratie, zu große Klassen und zu viel Arbeit durch die Korrektur von Arbeiten und Klausuren. Der Philologenverband spricht von „entgrenzten Arbeitszeiten“: „Fast alle Lehrerinnen und Lehrer in NRW überziehen regelmäßig ihre Wochenarbeitszeit“, heißt es in einer Zusammenfassung der Umfragedaten. Demnach gaben 41 Prozent der Befragten an, wöchentlich auf 41 bis 50 Arbeitsstunden zu kommen. 37 Prozent ordneten sich bei mehr als 50 und zwölf Prozent bei mehr als 60 Wochenstunden ein. Das betreffe auch in Teilzeit beschäftigte Pädagogen: „Die Hälfte aller Lehrkräfte in einer 75-Prozent-Stelle arbeitet regelmäßig bis zu 41 Wochenstunden, mehr als jede fünfte Lehrkraft in Teilzeit kommt auf mehr als 50 Stunden je Woche.
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) betonte, man arbeite unentwegt an guten Rahmenbedingungen für die Arbeit der Lehrkräfte. „In Kürze werden wir weitere Maßnahmen zur Entlastung vorstellen“, stellte sie in Aussicht. Sie verwies zudem auf Schritte, die man bereits veranlasst habe, wie etwa das Aufstocken von Personal oder die Reduzierung von Klassenarbeiten. „Klar ist aber auch: Vieles von dem, was wir angestoßen haben, wirkt nicht von heute auf morgen – die Verbesserung der Situation an den Schulen ist eine Daueraufgabe.
Nach jüngst veröffentlichten Zahlen aus ihrem Ministerium haben im vergangenen Jahr gut 680 Lehrerinnen und Lehrer im Land aus dem Schuldienst gekündigt, darunter rund 290 verbeamtete Kräfte. 2023 waren noch rund 930 Lehrkräfte gewesen.
Mit seiner Untersuchung bestätigt der Philologenverband NRW speziell für den Bereich der Gymnasien und Gesamtschulen die Ergebnisse früherer Erhebungen unterschiedlicher Quellen. Zuletzt hatte eine Forsa-Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung den Frust unter Schulleitungen beleuchtet. Ebenfalls 2024 ermittelte die Bildungsgewerkschaft GEW, dass sich fast alle Lehrkräfte in NRW völlig überlastet fühlen.”
Der gesamte Beitrag über die Maßnahmen zur Entlastung ist am Dienstag, 14. Januar 2025, in der Rheinischen Post erschienen.
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