Stellungnahme des nordrhein-westfälischen Philologen-Verbandes zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung und Bereinigung schulrechtlicher Vorschriften

Kategorien: Aktuelles, StellungnahmeVeröffentlicht: 05.09.2019

(15. Schulrechtsänderungsgesetz)
Einleitung der Verbändebeteiligung
Aktenzeichen: 221-2.02.02.01-151650/19

Mit dem vorgelegten Entwurf wird eine Vielzahl von in der Praxis deutlich gewordenen rechtlichen Lücken – beispielsweise im Bereich der Mitwirkung – mit unstrittigem Regelungsbedarf geschlossen. Somit begrüßen wir diese Anpassungen ausdrücklich.

Im Folgenden nehmen wir zu einigen Paragraphen konkret Stellung:

Zu § 25
Schulversuche sind wichtig, um mögliche Irrtümer festzustellen und diese nicht zu etablieren. Wir würden jährliche Auswertungen des jeweiligen Schulversuchs sehr begrüßen.

Zu Paragraph 35, 40, 43 und Paragraph 126 (1) Nr. 1 und Nr. 6
Für uns stellt sich die Frage, ob der Begriff „schulärztlich“ für alle Beteiligten klarer als der Begriff „amtsärztlich“ ausdrückt, an wen man sich wenden muss.

Zu § 52
Die Erfahrungen zeigen, dass derzeit keine begabungsgerechte Zuweisung der Kinder und Jugendlichen zu den Schulformen direkt erfolgt. Dies zieht eine Vielzahl späterer Schulwechsel nach sich zieht, die die neu Zugewanderten wieder vor Herausforderungen stellen. Eine Zuweisungsregelung, die im Sinne der Kinder und Jugendlichen bereits den dauerhaften Verbleib an einer Schule intendiert, wird vom PhV NW begrüßt.

Zu § 55
Diese Änderung bietet den notwendigen Rechtsrahmen für das weit verbreitete Konzept der Vermietung von Schließfächern an Schulen. Des Weiteren helfen die Konkretisierungen zu Geldsammlungen den Schulen und Schulkonferenzen, in diesem Kontext rechtssicher zu agieren.

Zu § 66 
Der PhV NW befürwortet eine Rückkehr zur alten 2:1:1 Zusammensetzung der Schulkonferenzen, die die Mitwirkung der Eltern, Schülerinnen und Schüler sichert, aber auch die Verantwortung für die pädagogische und unterrichtliche Arbeit bei den dafür ausgebildeten Lehrkräften lässt.

Zu § 69
Wir beg rüßen ausdrücklich diese rechtliche Klarstellung, die Lehrerräten ermöglicht, von ihrem Amt zurücktreten zu können.

Zu § 72 Abs. (1)
Wir halten diese Regelung für bedenklich. Die Möglichkeit kann für einzelne Elternvertreterinnen und Elternvertreter mit Mehrfach-Stimmrecht für Klassen- bzw. Jahrgangsstufen dazu führen, dass wichtige Schulentwicklungsentscheidungen so durch eine reduzierte Anzahl von Eltern bestimmt werden kann.

Zu § 82
Die Änderung der Mindestgrößenverordnung ist im Zusammenhang mit standortbezogener Schulentwicklung absolut sinnvoll und notwendig.

Zu § 95
Die Bewirtschaftung von Schulmitteln wird mit dieser Erweiterung konkretisiert.

Zu § 103
Der PhV NW begrüßt die Möglichkeit der Erleichterung der Übergänge zwischen den öffentlichen Schulen und den Ersatzschulen ausdrücklich.

Zu § 120 und § 121
Diese Anpassungen klären in umfangreicher Form wichtige Notwendigkeiten im Zusammenhang mit dem rechtssicheren Umgang mit datenschutzrelevanten
Abläufen und Handlungen.


Aus dem Bildungsmonitor ergibt sich ein Nachbesserungsbedarf für den Bereich der Lehrerbildung:
Länder im Spitzenfeld setzen nicht umsonst auf das erste Staatsexamen in der Lehrerbildung. Anstatt sich in NRW weiterhin auf rein quantitative Fragen bei der Lehrkräftegewinnung zu konzentrieren, sollte der Blick auch und vor allen Dingen auf die Qualität der Lehrerbildung selbst gerichtet werden. Wir erwarten hier vor allem qualitativ fachliche Nachbesserungen in der Lehrerbildung. Die im Rahmen dieses Entwurfes der Lehrerbildung vorgelegten Vorhaben (Zugang zur OBAS für Fachhochschulabsolventinnen und – absolventen) laufen dieser Zielsetzung zumindest mit Blick auf den gymnasialen Bildungsgang zuwider:

Zu § 13 (LABG)
Mit der anvisierten Neuregelung von §13 LABG Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen wird der Weg ins Lehramt auch an Gymnasien eröffnet werden. In der Konsequenz würde es möglich werden, dass Abiturprüfungen von Lehrerinnen und Lehrern abgenommen werden können, die das Abitur (Hochschulzugangsberechtigung) selbst nicht erworben haben, sondern lediglich über eine Fachhochschulreife verfügen. Es stellt sich daher für den PhV NW die Frage, ob dies im Hinblick auf eine Qualitätssicherung für die Gymnasien eine sinnvolle Regelung ist. Unser Vorschlag ist, die Gymnasien von dieser Regelung auszunehmen. Es sollte eine Studiendauer von zehn Semestern unbedingt mit aufgenommen werden.


Der „Bildungsmonitor 2019“ des Instituts der Deutschen Wirtschaft weist auf eine deutliche Korrelation zwischen dem Grad der Steuerung des Zugangs zu Bildungsgängen und der Qualität des Bildungswesens im Lande insgesamt hin:

Länder, die im Bereich des Übergangs zu weiterführenden Schulen stärker regulieren, liegen an der Spitze des Rankings. Einmal mehr wird bewiesen: Ein mehrgliedriges Schulsystem, das entsprechende Leistung und Begabung als wesentliche Zugangsvoraussetzungen zu einem Bildungsgang vorschreibt, verschafft den Schülerinnen und Schülern offenbar messbare Bildungsvorteile – und das  unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Vor diesem Hintergrund wundert es daher nicht, dass die Bevölkerung mehrheitlich ein derart gegliedertes Schulsystem vorzieht. Eine dahingehende  Unterstützung könnten wir uns durch ein Überdenken des vorgezogenen Anmeldeverfahrens vorstellen.

Zu § 11 Abs. 5 (SchulG)
Auf dem Weg unseres Landes zu besserer Bildung sollte sich Nordrhein-Westfalen an den Ländern im Spitzenfeld liegend ausrichten und entsprechende Änderungen im Schulrecht vornehmen. Not täte hier beispielsweise eine Änderung von § 11 Abs. 5 (SchulG), durch die der Zugang zum jeweiligen Bildungsgang reguliert würde. Aktuell führen die hohen Übergangsquoten zum Gymnasium zu einer
Überforderung zahlreicher Kinder in der Erprobungsstufe. Die Konsequenz ist oft ein Wechsel an eine andere Schulform. Angesichts eines oft vor Ort betriebenen Schulstrukturwandels – wie beispielsweise durch Schließung von Real- und Hauptschulen – gestaltet sich dieser Wechsel jedoch immer schwieriger – zum Leidwesen aller Beteiligten, vor allen Dingen aber der betroffenen Schülerinnen und Schüler selbst. Daher sollte die Entscheidung über den Bildungsgang eines Kindes künftig nicht mehr allein den Eltern überlassen sein. Wie bereits in unserer Stellungnahme zur APO-SI angemerkt, sollte eine von der Grundschulempfehlung abweichende Entscheidung der Eltern zum Wohle der Kinder durch ein Aufnahmeverfahren/-gespräch der weiteren Schule entschieden werden.

Düsseldorf, den 05.09.2019

gez. Sabine Mistler
Vorsitzende des Philologen-Verbandes NW

Als PDF: Stellungnahme des nordrhein-westfälischen Philologen-Verbandes zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung und Bereinigung schulrechtlicher Vorschriften