Genau hinsehen, wie Schwarz-Grün seine Versprechungen einlöst

Kategorien: PhV in den MedienVeröffentlicht: 19.10.2022

Das Bekenntnis der neuen Landesregierung (Schwarz-Grün) zum Schulfrieden in NRW ist am Ende eine Randnotiz. Selbst, wenn die Opposition durchblicken lässt, dass dabei das letzte Wort noch nicht gesprochen sein könnte, sind vorerst keine Debatten über Schulstruktur(en) zu erwarten. Gewichtiger ist ohnehin das Versprechen von Schwarz-Grün, allen Schülerinnen und Schüler die Wahlmöglichkeiten zwischen Schulformen zu ermöglichen. Mithin ist das die Ankündigung, das vielgliedrige Schulsystem zu erhalten und zu stärken.

Aus Sicht des PhV NRW ist ein flächendeckendes Angebot von gut ausgestatteten Förderschulen und allgemeinbildenden Schulen die Voraussetzung für schulischen Erfolg. Damit auch für das Gelingen von Inklusion, die sinnvollerweise am Gymnasium weiter zielgleich stattfinden soll. Zu einer echten Auswahl gehören zwingend frühe Informationen über mögliche Schulkarrieren. „Wir intensivieren die Schullaufbahnberatung ab Klasse 4 wie auch den Informationsfluss zwischen den Schulformen“ heißt es dazu im Koalitionsvertrag. Der Philologenverband hätte sich dabei noch mehr Verbindlichkeit gewünscht – ohne den Elternwillen als letzte Instanz infrage zu stellen.

Mit dem angekündigten Abbau von Bürokratie, der kritischen Überprüfung von zusätzlichen Aufgaben für Lehrkräfte und dem verstärkten Einsatz von multiprofessionellen Teams und Schulverwaltungsassistenten an Schulen geht das schwarz-grüne Regierungstandem eines der wichtigsten Themen an – der Belastung von Lehrerinnen und Lehrern vor allem durch nichtpädagogische Tätigkeiten.

Dass das angelaufene Schuljahr ohne weitere Belastungen durch die Coronapandemie oder Herausforderungen durch die Integration von ukrainischen Schülerinnen und Schülern auskommt, ist nicht zu erwarten. Für die neue Schulministerin Dorothee Feller werden die ersten Bewährungsproben nicht allzu lange auf sich warten lassen. Dazu dürfte auch das Marathonthema Digitalisierung werden, das im Koalitionsvertrag eher Fragen offenlässt als sie zu beantworten. Alternative Prüfungsformate und digitalen Unterricht für alle und zu jeder Zeit in ein Papier zu schreiben ist das eine; eine ganz andere Frage ist, wie das an den Schulen umgesetzt werden soll, ebenso, ob dies auch grundsätzlich und umfänglich erstrebenswert ist.

Ähnlich unkonkret geht es bei den avisierten 10.000 neuen Lehrkräften zu. „Wir wollen (!) sie ins System Schule bringen“, heißt es. Die Einschränkung folgt nicht nur auf dem Fuße, sondern der Realität: Nicht sofort besetzbare Stellen werden durch weitere pädagogische Fachkräfte und unterstützendes Personal besetzt. Wo die Lehrkräfte jedoch herkommen sollen, bleibt erst einmal so unklar wie deren Finanzierung.

Dass künftig alle neu eingestellten Lehrkräfte nach A13 (E13) bezahlt werden sollen, anerkennt der PhV NRW. Nicht aus den Augen lassen darf man dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 2022 (Az. 26 K 9086/18 und 26 K 9087/18), das grundlegende Unterschiede im Berufsalltag von Lehrkräften an Grund-, Haupt- und Realschulen und von Studienrätinnen und Studienräten feststellt. Lehrerinnen und Lehrer, die mit dem Abitur betraut sind, benötigen deshalb eine andere Art des Ausgleichs – etwa durch eine angemessene Absenkung des Pflichtstundendeputats.

Fazit

Die Liste der Herausforderungen ist lang, viele schul- und bildungspolitische Themen müssen unverzüglich angegangen werden. Die Probleme sind bekannt und benannt, gelöst sind sie damit noch lange nicht. Der Philologenverband hat seine Bereitschaft zum Dialog und Kooperation signalisiert – und wird genau hinsehen, wie und ob Schwarz-Grün seine Versprechungen umsetzt.

Der Text ist als Gastbeitrag in der Oktoberausgabe der Fachzeitschrift SchulVerwaltung (SchVw Nordrhein-Westfalen) erschienen.