Vorbild Berlin: ZP 10-Prüfungen an NRW-Gymnasien abschaffen

Kategorien: PressemitteilungenVeröffentlicht: 30.08.2023
  • Bundeshauptstadt will schriftliche Abschlussarbeiten streichen
  • PhV NRW: Prüfungen für Mittleren Schulabschluss nicht mehr für alle
  • Entlastungen für Lehrkräfte, mehr Unterrichtszeit für Schüler/-innen

Düsseldorf, 30. August 2023.  In Berlin werden die schriftlichen Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss nach dem Willen der schwarz-roten Regierungskoalition an Gymnasien abgeschafft. Konkret bedeutet das: Die Prüfungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache sowie die sogenannte Präsentationsprüfung nach der 10. Jahrgangsstufe werden gestrichen, Schülerinnen und Schüler erhalten den Mittleren Schulabschluss (MSA) durch Versetzung in die 11. Jahrgangsstufe. Stimmt das Abgeordnetenhaus dem Gesetzentwurf zu, könnten die bislang verpflichtenden Prüfungen bereits ab dem neuen Schuljahr wegfallen. Laut Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch sollen damit auf der einen Seite Lehrkräfte entlastet werden, für die aufwändige Prüfungsvorbereitungen und Korrekturen künftig wegfallen. Stattdessen sollen die Lehrerinnen und Lehrer sich auf ihre pädagogische Kernaufgaben konzentrieren. Schülerinnen und Schüler können sich durch den Wegfall auf der anderen Seite in der Jahrgangsstufe 10 verstärkt auf den Übergang der gymnasialen Oberstufe vorbereiten.

„Die Berliner Entscheidung ist richtig, sie kommt zur rechten Zeit und bringt sehr viel für alle Beteiligten“, sagt Sabine Mistler, die Vorsitzende des nordrhein-westfälische Philologenverbandes (PhV NRW). „Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, dem Vorbild Berlins zu folgen, und die Abschlussprüfungen am Ende der zehnten Klasse auch an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen abzuschaffen.“ In unserem Bundesland müssen Schülerinnen und Schüler in der zehnten Jahrgangsstufe ab 2024 die sogenannten ZP 10 (Zentrale Prüfungen) wieder verpflichtend absolvieren. Der PhV NRW stellt diese Prüfungen an den Gymnasien grundsätzlich infrage.

Größter Knackpunkt bei der ZP 10 ist aus Sicht des PhV die fehlende Relevanz für einen Großteil der Schülerinnen und Schüler an dieser Schulform. „Nur wenige von ihnen verlassen das Gymnasium tatsächlich nach der Mittelstufe. Wir schlagen vor, dass diese überschaubare Personengruppe die ZP 10 auf Wunsch freiwillig ablegen kann, für alle anderen würde die Verpflichtung entfallen“, erläutert die Vorsitzende des Philologenverbandes.

Der PhV sorgt sich, dass wichtige und für den Übergang in die Oberstufe relevante Unterrichtsinhalte nicht ausreichend vermittelt werden können, da für die notwenige Vorbereitung auf die ZP 10 wertvolle Unterrichtszeit verloren geht. Für das laufende Schuljahr 2023/24 sind die schriftlichen ZP 10-Prüfungen in der Zeit zwischen 14. und 24. Mai 2024 angesetzt, sie fallen damit in den Abiturzeitraum. Das Format der ZP10 verlangt eine zusätzliche Zweitkorrektur von den Mathe-, Englisch- und Deutschlehrkräften – mitten im Abitur, ausgerechnet für die drei Fächer mit einer ohnehin sehr großen Anzahl Prüflingen. „Die Beteiligten haben also mit einem Mehraufwand zu tun – bei eher fragwürdigem Nutzen“, stellt Mistler fest. Hinzu komme, dass das zweite Halbjahr des laufenden Schuljahrs wegen des wiederholt frühen Beginns der Sommerferien sehr eng getaktet ist.

Die ZP 10 standen in NRW tatsächlich einmal zur Debatte. Mit der Rückkehr zu G 9 wurde von der alten Landesregierung kurz vor Ende der vergangenen Legislatur das Verfahren der ZP 10 auch wieder für Gymnasien eingeführt. „Ganz offenkundig, ohne die Sinnhaftigkeit des Formates für die Schulform noch einmal zu hinterfragen“, sagt Mistler.

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