Stellungnahme des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen (PhV NRW) zum Landtagsbericht zu Entwicklungsstand und Qualität der Lehramtsausbildung 2025

Kategorien: StellungnahmeVeröffentlicht: 02.07.2024

STELLUNGNAHME

des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen
(PhV NRW)

zum Landtagsbericht zu Entwicklungsstand und
Qualität der Lehramtsausbildung 2025

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. Mauer,

vielen Dank für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Landtagsbericht Lehrerausbildung. Der PhV NRW hatte bereits im Nachgang des wissenschaftlichen Gutachtens „Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht“ der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) im Dezember 2023 eine ausführliche Stellungnahme verfasst und diese bereits in Bezug zum Beschluss der KMK zu den Maßnahmen zur Gewinnung zusätzlicher Lehrkräfte und zur strukturellen Ergänzung der Lehrkräftebildung vom 14.03.2024 gesetzt. Des Weiteren hat der PhV NRW dazu ein Forderungspapier entwickelt. In der nun vorliegenden Stellungnahme möchten wir daher nur neue Aspekte aufnehmen und lediglich eine Verknüpfung zu unserer Stellungnahme und dem Forderungspapier vom Juni 2024 herstellen. Die vollständige Stellungnahme sowie den Forderungskatalog finden Sie mit Zeilennummern im Anhang und auf unserer Homepage[1].

Praxiselemente im Studium und deren Erweiterungsmöglichkeiten (insbesondere im Bachelorstudium)

Der PhV NRW betont, dass eine Ausweitung der Praxiszeit im Bachelorstudium nicht befürwortet wird. Die derzeitigen Praxisanteile, die durch das EOP und das Berufsfeldpraktikum im Bachelorstudium sowie das Praxissemester im Masterstudium abgedeckt werden, halten wir für ausreichend. Allerdings sind wir offen für Veränderungen bei der Gestaltung der Praktika, insbesondere im Bachelorstudium. Wir glauben, dass hier Raum für Verbesserungen besteht.[2]

Darüber hinaus ist der PhV NRW der Ansicht, dass das Self-Assessment-Verfahren vor dem Studienbeginn eine größere Rolle spielen und stärker mit dem EOP verknüpft werden sollte. Dies könnte dazu beitragen, die Studierenden besser auf die Anforderungen des Studiums vorzubereiten.

Das Hauptaugenmerk sollte im Studium auf der fachlichen Expertise liegen. Das theoretische Fundament zu jedem Fach – sei es in Bezug auf fachwissenschaftliche, fachdidaktische oder allgemeinpädagogische Kompetenzen – sollte im Mittelpunkt der universitären Ausbildung stehen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass entsprechende fachliche Defizite vermieden werden und unsere Studierenden bestmöglich auf ihre zukünftige berufliche Laufbahn vorbereitet sind.

Kohärenz der Phasen der Ausbildung (Studium und Vorbereitungsdienst)

Der PhV NRW sieht die Notwendigkeit einer verbesserten Integration der universitären Praxisanteile mit den Schulen und den ZfsL. Dies könnte beispielsweise erreicht werden, indem bereits im Berufsfeldpraktikum die Handlungsfelder aus dem Kerncurriculum (Erziehen, Beraten, Schulsystem) der OVP als Grundlage dienen.

Die ZfsL sind fachwissenschaftlich ausgerichtet. Die universitären Begleitseminare und die Vorbereitungen des Praxissemesters sind oft nicht ausreichend praxisnah und schulformspezifisch. Inhalte von Praktika müssen für die Studierenden bereits früh eine hohe Verwertbarkeit für die spätere Rolle der Lehrkraft darstellen. Daher ist eine stärkere Verzahnung im Praxissemester mit den ZfsL zur Reflexion der eigenen Kompetenzen dringend erforderlich. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des schnell einsetzenden selbstständigen Unterrichts im VD von großer Bedeutung. Dazu brauchen die Universitäten viel mehr Expertise aus der Schulpraxis auf Basis freiwilliger Abordnungen von Lehrkräften oder von Fachleitungen aus den ZfsL.[3]

Der PhV NRW befürwortet eine stärkere Verzahnung der Ausbildungsphase an der Universität mit dem Vorbereitungsdienst. Dies könnte durch eine Stärkung der ZfsL erreicht werden, indem die dort vorhandene Expertise zur Praxis gewinnbringend genutzt wird.

Allerdings steht man vor der Herausforderung, dass für zusätzliche Praxiselemente auskömmliche Ressourcen fehlen. Diese können nur durch zertifizierte Mentorinnen und Mentoren mit entsprechenden Entlastungen an den Schulen vor Ort begleitet werden. Diese Mentorinnen und Mentoren könnten aus Fachleiterkreisen kommen. Insgesamt darf die Lehrerversorgungsproblematik dabei nicht aus den Augen verloren und muss daher mitgedacht werden. Unsere Erfahrungen mit den begleitenden schriftlichen Arbeiten des Praxissemesters in universitärer Verantwortung haben gezeigt, dass oft keine oder kaum eine Verbindung zu den realen Unterrichtserfahrungen besteht. Hier sehen wir eine Chance, um Selbstreflexion bei Studierenden stärker in den Fokus zu nehmen. Es ist daher wichtig, diese Aspekte in Betracht zu ziehen, um die Qualität der Ausbildung nachhaltig zu verbessern.

Weiterentwicklung des Vorbereitungsdienstes (u.a. Unterrichtsbesuche, Staatsprüfung)

Der PhV NRW plädiert dafür, den Vorbereitungsdienst von 18 Monaten beizubehalten. In keinem Fall darf es zu einer weiteren Verkürzung oder Verlagerung des VD kommen. Die Bedeutung der ZfsL muss gleichzeitig gestärkt werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl an Seiteneinsteigern relevant, die eine praxisnahe, begleitende fachdidaktische Ausbildung benötigen. Angesichts der unterschiedlichen Schullandschaften in den einzelnen Bundesländern erscheint es sinnvoll, diese zweite Phase der Ausbildung zu stärken. Die Qualität der Begleitung durch praxiserfahrene Mentorinnen und Mentoren/Fachleitungen und Ausbildungslehrerinnen/Ausbildungslehrer, die bislang nur im ZfsL gegeben ist, ist von großer Bedeutung und dient allen Lehrkräften, unabhängig von ihrem Zugangsweg (OBAS oder VD).

Aktuelle Querschnittsthemen wie Integration, Digitalisierung und KI entwickeln sich so rasant, dass gerade hier eine dringende Notwendigkeit besteht, Theorie und Praxis zu verknüpfen. Dies kann sinnvoll in der Fort- und Weiterbildung im VD und im Berufsalltag begleitend umgesetzt werden.

Es sollte beachtet werden, dass die OVP 2023 bereits reformiert wurde und die vorgenommenen Neuerungen hinsichtlich selbstorganisierter Lerngruppen, Unterrichtsbesuchen und Staatsprüfungen zunächst erprobt und evaluiert werden sollten. Eine gewisse Beständigkeit ist an dieser Stelle wünschenswert. Vor dem Hintergrund der schnellen Veränderungen im Alltag, insbesondere in Bezug auf KI und Digitalisierung, ist jedoch eine Reduzierung des Anteils des Selbständigen Unterrichts sehr zu empfehlen.[4]

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Mistler


[1] Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung | PhV NRW (phv-nrw.de)
[2] Vgl. STN SWK Gutachten, Z.172-182.
[3] Vgl. STN SWK Gutachten, Z. 183-193.
[4] Vgl. STN SWK Gutachten, Z.203-250.