Großprojekt Oberstufe NRW: Qualitätsvolle Reform braucht Zeit
- PhV-Forderung nach Verschiebung erfüllt
- Einheitliche Festlegung von Klausurdauern und Kriterienraster für moderne Prüfungsformate sinnvoll
- Ressourcenneutralität nach wie vor problematisch
Düsseldorf, 18. Juni 2025. Der Philologenverband Nordrhein-Westfalen (PhV NRW) begrüßt die Entscheidung des Ministeriums für Schule und Bildung, die Reform der gymnasialen Oberstufe um ein Jahr zu verschieben. Der PhV hat sich mit Nachdruck für eine Verschiebung eingesetzt, da diese große Reform für eine qualitätsvolle Umsetzung möglichst alle mitnehmen muss. Die nun geplante Ermöglichung des Sammelns von Erfahrungen durch das Einrichten verbindlicher Projektkurse und dem Erproben moderner Prüfungsformate ist ebenfalls unterstützenswert, wenn die Alltagserfahrungen auch tatsächlich im Positiven wie Negativen in die spätere Umsetzung einfließen.
„Die Schulen benötigen Zeit für eine qualitätsvolle Implementation der neuen Vorgaben sowie für einen verantwortungsvollen und fundierten Beratungsprozess der Schülerinnen und Schüler“, sagt die PhV-Vorsitzende Sabine Mistler.
Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit sind Voraussetzung
Die Voraussetzungen zum neuen Abitur müssen an allen Schulen vergleichbar sein. Daher ist es eine wichtige Setzung des MSB, im Sinne dieser Vergleichbarkeit, eine einheitliche Festlegung der Klausurlänge vorzugeben.
„Für die Einführung neuer modernen Prüfungsformate ist es ebenfalls unabdingbar eine Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit zu schaffen, daher ist das avisierte einheitliche Kriterienraster als Vorgabe für all diese Prüfungen ebenfalls wichtig“, so Mistler.
Die Möglichkeit der Erprobung dieser Formate setzt allerdings voraus, dass unbedingt vor dem Beginn des neuen Schuljahres die Schulen konkrete Informationen zu den möglichen Prüfungsformaten erhalten, ebenso wie die Kriterienraster.
„Für das Einrichten der verbindlichen Projektkurse erwarten wir Musterbeispiele für schulinterne Lehrpläne in den Fächern, damit die Lehrkräfte einen Orientierungsrahmen für ihre Arbeit haben und die inhaltliche Ausgestaltung nicht der Beliebigkeit unterliegt“, sagt die PhV-Vorsitzende. Auch hier müsse es um das Ansinnen gehen, eine größtmögliche Vergleichbarkeit zu erlangen und die Lehrkräfte bei dieser neuen Aufgabe zu unterstützen.
Maßnahmen zur Entlastung sind nicht ausreichend
„Es ist uns weiterhin ein Anliegen, deutlich zu machen, dass die Ressourcenneutralität, auf der diese große Reform aufgebaut ist, ein Problem bedeutet bei der Gestaltung eines attraktiven Kursangebotes“, betont Mistler. Es dürfe nicht dazu führen, dass es dadurch an Schulen zu einer Einschränkung des Fächerangebotes komme. Dies könnte aus unserer Sicht in besonderer Weise Schulen mit kleiner Oberstufe oder einer schlechteren Lehrerversorgung treffen.
Darüber hinaus bedeutet das Einrichten eines fünften Abiturfaches sowie das Etablieren moderner Prüfungsformate neben einem organisatorischen Mehraufwand einen zusätzlichen Belastungstatbestand für die Lehrkräfte. In diesen Zusammenhang erachten wir die bislang angedachten Maßnahmen, wie beispielsweise den Wegfall der Facharbeiten und der Verkürzung der Klausurdauer, für nicht ausreichend.
Sabine Mistler: „Wir appellieren daher an die Verantwortlichen im MSB, auch darauf ein Auge zu haben und die Erkenntnisse aus der Erprobungsphase ebenfalls ernsthaft im Zusammenhang mit weiteren Entlastungsmöglichkeiten zu prüfen.“