ChatGPT in Schule und Unterricht: NRW-Philologen fordern KI-Gipfel
- Verunsicherung bei Lehrkräften im Umgang mit KI-Systemen wie ChatGPT
- Verbindliche Regeln für Verwendung von Sprachsoftware nötig
- Neue Herausforderungen bei Bewertung schriftlicher Leistungen
Düsseldorf, 3. Februar 2023. Kaum eine technische Neuerung hat es so schnell in Schulen und Unterricht geschafft wie der Chatbot ChatGPT. Das auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Programm sorgt allerdings bei Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern gleichermaßen für Verunsicherung, denn noch ist völlig unklar, wie es rechtssicher eingesetzt werden kann. „Wir brauchen verbindliche Regelungen für den Umgang im Unterricht und bei schriftlichen Fach- oder Hausarbeiten. Der Philologenverband fordert daher schnellstmöglich einen KI-Gipfel in NRW, bei dem Fragen geklärt werden, die Schulen nicht allein beantworten können“, sagt Sabine Mistler, Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Philologenverbandes (PhV NRW).
„Wir stellen uns vor, dass sich dabei nicht nur Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung zusammensetzen, sondern vor allem auch Vertreterinnen und Vertreter der Praxis, sprich Lehrkräfte, die in ihrem Berufsalltag schon häufig mit der Software zu tun haben“, sagt Mistler. Die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz erfordere daraus folgend einen kontinuierlichen und regelmäßigen Austausch.
Neben rechtlichen, datenschutzrechtlichen und didaktisch-pädagogischen Fragen müssen auch Aspekte der Bildungsgerechtigkeit besprochen werden. Laut Medienberichten hat das Schulministerium angekündigt, die Nutzung von Künstlicher Intelligenz im schulischen Kontext nicht einschränken zu wollen. „Wenn das Programm aber, wie vom Hersteller angekündigt, bald kostenpflichtig wird, stellt sich schnell die Frage, wie Zugänge für alle Lehrkräfte und die Schülerschaft gewährleistet werden können“, so Mistler. „Die Nutzung darf keine Frage des Geldbeutels sein.“
Die Testversion von ChatGPT wurde erst im vorigen November von dem US-Softwareentwickler OpenAI veröffentlicht. Millionen Nutzerinnen und Nutzer verwenden die sprachbasierte Anwendung seitdem bereits – auch von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften werden KI-Programme genutzt. Allerdings in einer rechtlichen und didaktischen Grauzone. So stellt sich im Schulalltag die Frage, wie schriftliche Leistungen bewertet werden können, wenn sie womöglich mithilfe einer Software entstanden sind.
Bislang gibt es kaum Möglichkeiten, Texte auf den Einsatz KI-basierter Technologien zu überprüfen. Schon werden Forderungen laut, Hausaufgaben und Facharbeiten abzuschaffen, da ohnehin niemand mehr überprüfen könne, wie und mit welcher Hilfe sie entstanden sind. „Das kann natürlich nicht die Lösung sein“, mahnt Mistler. „Wir müssen auch künftig eigenständige Leistungen von Schülerinnen und Schülern bewerten können. Unter Umständen muss man die Verwendung von KI-Systemen in bestimmten Situationen untersagen oder einschränken.“
Diese Entscheidung dürfe aber nicht auf einzelne Schulen oder Lehrkräfte abgeschoben werden, sondern bedürfe einer landesweiten Regelung – durch einen KI-Gipfel. Die vom Schulministerium zeitnah in Aussicht gestellten Handreichungen könnten Leitplanken im Umgang mit KI-Programmen sein, denen das Potenzial vorausgesagt wird, das System Schule auf den Kopf stellen zu können. „Leitplanken nützen aber wenig, wenn niemand weiß, wohin die Reise geht“, warnt die PhV-Vorsitzende.
Im Alltag zeigt sich auch, dass viele Lehrkräfte erst im Umgang mit Künstlicher Intelligenz geschult werden müssen. Dazu müssen schnell fach- und inhaltsbezogene Weiterbildungen entwickelt und angeboten werden. „In Zeiten extremer Belastungen für Lehrerinnen und Lehrer müssen sie aber mit Augenmaß erfolgen“, mahnt Mistler. Fortbildungen dürften nicht zu einer Mehrbelastung führen und müssten praxistauglich sein.