Abordnungen von Lehrkräften an andere Schulen nur freiwillig
- Philologenverband NRW warnt vor „Zwangsabordnungen“
- Nachteile für Stammschulen und Schülerinnen und Schüler
- Mehr als 3000 Gymnasiallehrkräfte unterrichten an Grundschulen
Düsseldorf, 4. Februar 2024. Der Philologenverband NRW sieht Überlegungen kritisch, Lehrerinnen und Lehrer gegen deren Willen an anderen Schulformen einzusetzen. Nach dem Willen des Schulministeriums sollen viele von ihnen nach den Sommerferien für zwei Jahre abgeordnet werden, vor allem an Grund- und Förderschulen, in denen die Personalnot besonders hoch ist. Dieser Schritt ist Teil des Handlungskonzepts Unterrichtsversorgung, das Schulministerin Dorothee Feller im Dezember 2022 vorgestellt hatte.
Es sieht zum einen vor, dass alle neu eingestellten Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen grundsätzlich für zwei Jahre per Abordnung an einer unterversorgten Schule – meist Grund- oder Förderschulen – aushelfen müssen. Zum anderen können auch Bestandslehrkräfte vorrübergehend abgeordnet werden. Zur Dauer heißt es im Handlungskonzept: „Ein vorübergehender Einsatz an einer Schule kann auch länger als ein Schulhalbjahr dauern.“ Meist beträgt der Abordnungszeitraum wie bei den Neueinstellungen zwei Jahre.
Nicht nur Grundschullehrkräfte müssen nun die Sorge haben, bald an einer Schule in einer anderen Stadt unterrichten zu müssen, abgeordnet werden können Lehrkräfte aller Schulformen. Allein im Regierungsbezirk Münster sind es mehr als 100 volle Stellen, die von Gymnasien vorrübergehend an Grundschulen wandern. Bis Ende Februar musste Schulen im Regierungsbezirk die Namen der abzuordnenden Kolleginnen und Kollegen an die Bezirksregierungen melden. In den vier anderen Regierungsbezirken laufen die Meldefristen noch. Durch vorhergehende Abordnungen sind derzeit rund 3000 Gymnasiallehrerinnen und -lehrer an Grundschulen im Einsatz.
„Für den PhV ist wichtig, dass Abordnungen von Bestandslehrkräfte nur auf freiwilliger Basis laufen, so wie vom Ministerium angekündigt“, sagt Sabine Mistler, Vorsitzende des Philologenverbandes NRW. „Schulische Bedarfe und persönliche Belange müssen dabei berücksichtigt werden, jede Abordnung muss auch tatsächlich eine Einzelfallentscheidung sein.“
Die Abordnung von bis zu zwei Jahren birgt eine Gefahr für die abgebende Schule, da sie nicht auf kurzfristige Bedarfssituationen reagieren kann, etwa dann, wenn auf längerfristige Erkrankungen, Schwangerschaften und Wechsel von Vertretungskräften reagiert werden muss. „Das kann für zusätzliche Diskontinuität für Schülerinnen und Schüler sorgen und für eine Mehrbelastung bei verbleibenden Lehrerinnen und Lehrern“, warnt Sabine Mistler.
„Grundsätzlich wehren wir uns nicht gegen Abordnungen von Bestandslehrkräfte. Außer dem Primat der Freiwilligkeit, erwarten wir aber auch, dass Lehrkräfte auf den Einsatz an einer anderen Schulform vorbereitet werden“, sagt Sabine Mistler. „Wir können nicht davon ausgehen, dass jemand, der oder die jahrelang am Gymnasium unterrichtet hat, über Nacht zur Grundschullehrkraft wird.“ Die Besonderheiten der Didaktik gelte es nicht nur zu beachten, sondern auch zu vermitteln.